Booking.com: Was passiert, wenn alles schiefgeht (und warum User-Tests von Worst-Case-Szenarien daher so wichtig sind)

Symbolbild: Booking.com: Was passiert, wenn alles schiefgeht (und warum User-Tests von Worst-Case-Szenarien daher so wichtig sind)

8. Februar 2020

Manchmal gehen Dinge im Leben einfach schief. Besonders ärgerlich ist es allerdings, wenn das zu Weihnachten passiert und man, anstatt in dem vor Monaten gebuchten gemütlichen Apartment in Chamonix, in einem Autobahnhotel in einiger Entfernung landet.

“C’est la vie”

Doch von Anfang an: Nach einer langen Autofahrt kommen wir in Chamonix, wo wir unseren Weihnachtsurlaub verbringen wollen, an und möchten einchecken. Wir haben ein Apartment über booking.com reserviert, doch der Gastgeber des Apartments taucht nicht auf. Wir rufen den Kundenservice an und der Prozess für eine derartige Situation wird eingeleitet. In den nächsten Stunden durchleben wir, was man wahrscheinlich als schlimmstes Worst-Case-Szenario bei booking.com bezeichnen könnte. 

Auch wenn die Situation unerfreulich ist, zählt in diesem Fall der Lösungsprozess

Wir alle wissen: Nicht immer läuft alles so, wie geplant. Ist man selbst davon betroffen, ist es nicht lustig, aber trotzdem versucht man, das Beste daraus zu machen. Das Mindeste, was man als Betroffener jedoch erwartet: eine möglichst reibungslose Lösung der unangenehmen Situation.

Obwohl ich diese Erfahrung privat während meines Urlaubs machte, erlebte ich die Situation aus zwei Blickwinkeln: Einerseits war da der private Aspekt der „besorgten Mutter, die ausflippt, weil Urlaubspläne zerschlagen werden“ – doch darauf möchte ich in diesem Beitrag nicht näher eingehen. Auf der anderen Seite betrachtete ich das gesamte Benutzererlebnis – wesentlich nüchterner – aus meiner beruflichen Perspektive als Nutzerforscherin und Webseiten-Optimiererin.

Denn für mich war diese Erfahrung eine wichtige Erinnerung daran, dass es nicht nur darum geht, die wichtigsten Geschäftsabläufe – also die optimale, wunderschöne User-Journey der glücklichen Kunden – zu testen, sondern eben auch die hässlichen Worst-Case-Szenarien zu berücksichtigen, die auftreten können.

Erkenntnisse aus meinem unbeabsichtigten User-Test eines Worst-Case-Szenarios

Bevor ich zu den Usability-Aspekten komme, hier noch ein paar Hintergrundinformationen, die für das gesamte Nutzererlebnis relevant waren:

Ganz untypisch für uns, haben wir unseren Weihnachtsurlaub diesmal schon weit im Voraus, bereits im August, gebucht. Da wir danach von der Unterkunft weder über das Anfragesystem von booking.com, noch nach telefonischer Kontaktaufnahme eine Reaktion erhielten, wandte ich mich an die Plattform, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung geht.

Der Kundendienstmitarbeiter versicherte mir, dass ich mir keine Sorgen machen müsste: Selbst im schlimmsten Fall, also bei Nichterscheinen des Anbieters der Unterkunft bei unserer Ankunft, würde booking.com eine Alternative für uns finden. Auf meine Nachfrage hin, ob das während der Hauptsaison (über Weihnachten und Neujahr) in einem sehr beliebten Ort nicht problematisch sein könnte, beteuerte er mir, dass dies kein Problem darstellen würde und sie in solchen Situationen immer alternative Unterkünfte fänden.

Diese Garantie erstaunte uns. Aber andererseits: wer sollte es besser wissen als eine Plattform wie booking.com?

Um unsere Restzweifel aus dem Weg zu räumen bat ich den Kundendienst, mir das telefonische Versprechen schriftlich zu bestätigen:

E-Mail vom 23. Oktober 2019 mit der Garantie, dass booking.com uns ohne zusätzliche Kosten eine alternative Unterkunft mit ähnlichem oder besserem Standard in Chamonix findet, falls die von uns gebuchte Unterkunft uns nicht beherbergen kann.

Einige Zeit später, wenige Tage vor Weihnachten: Wir parken unser Auto vor der gebuchten (und bereits bezahlten) Unterkunft.

Niemand taucht auf.

Okay, was nun…!?

Wir wenden uns an den Kundenservice von booking.com. Sie teilen uns mit, dass sie sich mit dem Gastgeber in Verbindung setzen werden und dieser nun 30 Minuten Zeit hat, uns zu treffen. Andernfalls werde unser Aufenthalt storniert.

30 Minuten später taucht noch immer niemand auf.

Wir rufen erneut die Hotline an. Die Kundenservicemitarbeiterin teilt uns mit, dass jetzt unsere „Relocation-Prozess“ gestartet wird. Wir sollen in den kommenden 20 Minuten regelmäßig unsere E-Mails überprüfen, da sie uns Vorschläge für alternative Unterkünfte schicken werden.

Eine Stunde später ist unser Posteingang immer noch leer.

Also rufen wir die Hotline erneut an. Diesmal sprechen wir mit einer anderen Dame. Sie entschuldigt sich und verspricht, in Kürze Vorschläge zu senden. Gleichzeitig erwähnt sie, dass es zu dieser Jahreszeit sehr schwierig wird, etwas zu finden. Ich mache sie auf die schriftliche Zusage des Kundenservices aufmerksam, in der uns zugesichert wurde, eine angemessene Alternative in Chamonix zu finden. Ich zähle auf dieses Versprechen.

Ein wenig später bekommen wir endlich eine E-Mail mit einem Hotelvorschlag.

 Unsere anfängliche Freude kippt schnell in große Enttäuschung:

Erstens: Das Hotel befindet sich nicht an dem von uns gewählten Reiseziel, sondern in einem anderen, kleineren Skiort in der Nähe von Chamonix. Wobei das Hotel nicht einmal direkt in diesem Skiort gelegen ist, sondern in einem “Autobahnhotel”, 2 Ausfahrten danach – direkt neben einem Autobahnrastplatz.

Zweitens: Es gibt kein Hotelzimmer für uns vier, daher müssten wir in zwei verschiedenen Zimmern übernachten.

Wir teilen dem Kundenservice mit, dass dies keine Option für uns ist und erinnern an das Versprechen, uns eine Alternative in Chamonix zu finden. Die Mitarbeiterin erwähnt, dass sie bereits vergeblich versucht hat, ein Apartment oder Hotel für uns vier zu finden. Und das nicht nur auf booking.com, sondern auch auf AirBnB, Expedia und anderen Plattformen. Leider sei aber nirgendwo etwas verfügbar. Sie verspricht uns, weiter zu recherchieren und eine andere Alternative zu schicken.

Eine Weile später kommt ein zweiter Vorschlag per E-Mail: Diesmal ist es ein Hotel, das eine Autostunde von unserem ursprünglichen Reiseziel entfernt ist.

Langsam werden wir nervös. Sowohl das telefonische Versprechen des Kundenservicemitarbeiters vor einigen Wochen als auch die schriftliche Bestätigung scheinen nichts wert zu sein…

Wir fangen verzweifelt an, selbst nach Alternativen zu suchen, und ich wünschte, ich hätte einen Screenshot von meinem Smartphone gemacht: Das einzige für unsere Reisezeit verfügbare Apartment in Chamonix für 4 Personen auf booking.com wurde für unglaubliche 55.000 Euro angeboten.

Stunden waren inzwischen vergangen, und es war keine Lösung in Sicht.

Während ich wieder in der Warteschleife der Hotline hänge, sucht mein Mann weiter nach Alternativen auf seinem Telefon. Er stellt fest, dass die Woche über Weihnachten weniger problematisch ist, als die zweite Woche über Neujahr. Er findet schließlich auf booking.com für die erste Woche ein Hotel in Chamonix. Aufgrund fehlender Alternativen entscheiden wir uns, booking.com vorzuschlagen, eine Woche in dem Hotel in Chamonix und die verbleibende Zeit in dem von booking.com als Alternative vorgeschlagenen „Autobahnhotel“, zu verbringen.

Ich rufe erneut die Hotline an und schlage dem nächsten Kundenservicemitarbeiter unseren Lösungsansatz vor. Denn auch wenn es keine zufriedenstellende Lösung für uns war, schien uns dies unsere einzige Option zu sein, da booking.com uns in den vergangenen 3 Stunden nichts anbieten konnte oder wollte, was auch nur annähernd unserer ursprünglichen Buchung entsprochen hätte. Denn uns war inzwischen auch klar, dass booking.com sich nicht an das Versprechen halten würde, eine Alternative in Chamonix für uns zu finden.

Was auch frustrierend war: Bei jedem Anruf kam ich zu einem anderen Kundenservicemitarbeiter. Jedes Mal musste ich meine Situation neu erklären. Ich fragte mich öfter, ob sie eine Kundendienstsoftware verwendeten, da die Hotlinemitarbeiter nicht immer über den aktuellen Status des Relocation-Prozesses oder über Dinge, die andere Agents zugesagt hatten, auf dem Laufenden waren.

Dem nächsten Mitarbeiter mache ich also unseren Vorschlag. Die Dame vom Kundenservice erklärt mir jedoch, dass diese Lösung nicht möglich wäre, da die Kosten für die Hotels zu hoch seien.

Zum ersten Mal wurde ich ungeduldig mit der Dame am anderen Ende der Leitung. Wie konnte die Lösung zu teuer sein, wo eine andere Kundenservicemitarbeiterin mir zuvor gesagt hatte, für welchen Preispunkt sie bereits die Zustimmung ihres Vorgesetzten eingeholt hatte? Und unser Vorschlag lag in diesem Budget!

Werden denn solche „Approvals“ nicht in der Kundendienst-Software gespeichert?

Das Prozedere sei wie folgt: Das zuvor gebuchte Apartment werde von ihnen storniert, sobald ich die neuen Hotels gebucht habe. Das Geld würden sie mir dann in den nächsten Tagen rückerstatten. Die neuen Hotels müsste ich zuerst selbst bezahlen, die Rechnung könne ich dann schicken, um die Differenz erstattet zu bekommen.

Das folgende E-Mail klingt allerdings ein wenig anders: 

In dem E-Mail von booking.com mit den alternativen Vorschlägen steht nicht, dass „die Preisdifferenz erstattet wird“, sondern „dass booking.com sein Bestes tun wird, die Differenz zu erstatten“.

Echt jetzt? (Wie meine Tochter sagen würde.)

„Do your best“ klingt eher wie „vielleicht, vielleicht aber auch nicht“.

Wir müssen also nicht nur 7-12 Tage auf die Rückzahlung der stornierten Buchung warten, sondern aus eigener Tasche die alternativen Hotels bezahlen, die aufgrund der Last-Minute-Buchung einen enorm hohen Preisaufschlag haben.

Und all das mit der Aussicht darauf, die Differenz vielleicht – oder vielleicht auch nicht – zurück zu bekommen!?

Frustriert bitte ich den Kundendienst, mir eine E-Mail zu senden, die eindeutig bestätigt, dass der Preisunterschied tatsächlich erstattet wird.

Eine Weile später erhalte ich eine solche E-Mail, aber… sie ist nicht für Mobiltelefone optimiert.

Ich kann sie daher auf meinem kleinen Telefonbildschirm kaum lesen, das Zoomen funktioniert nicht richtig und es ist fast unmöglich, die Links, die ich für die Buchung der neuen Hotels benötige, anzuklicken.

Inzwischen sind 6 Stunden vergangen und alles, was ich möchte, ist, endlich in ein Hotelbett fallen. Ich brauche mehrere Versuche, um beide Links in der E-Mail zu öffnen.

Nächstes Problem: Meine mobile Internetverbindung ist nicht stark genug, um die Seiten zu laden. Ich spaziere im Ort umher, um ein besseres Signal zu finden und finde schließlich eine Bar mit Wifi, die es mir ermöglicht, die Seiten zu laden und die Buchungen auf der booking.com-Website abzuschließen. So dachte ich zumindest …

Als wir endlich in unserem neuen Hotel einchecken ist es draußen stockfinster. Ich überprüfe die neuen Nachrichten auf meinem Telefon und stelle fest, dass das zweite Hotel, das sogenannte „Autobahnhotel“, droht, meine Buchung zu stornieren, da es Probleme bei der Abbuchung meiner Kreditkarte gibt.

Kein Wunder, denn nachdem ich die auf booking.com gebuchte ursprüngliche Wohnung, einige Weihnachtseinkäufe und einen neuen Computer bezahlt hatte, hatte ich nun die unerwartete zusätzliche Zahlung für die 2 neuen Hotels. Und die saftige Last-Minute-Prämie schien zu viel für mein Kreditkartenlimit zu sein.

Es würde mich nicht wundern, wenn andere in einer ähnlichen Situation auf das gleiche Problem stoßen. Denn wenn die erste Zahlung noch nicht erstattet ist, übersteigt die neue, teurere Last-Minute-Hotelrechnung schnell das Kreditkartenlimit.

Das Hotel akzeptierte zwar keine andere Zahlungsmethode als Kreditkarte, war in dem Fall jedoch so freundlich, die Reservierung mit einer kleinen Anzahlung beizubehalten und gestattete uns, den Restbetrag beim Check-in zu begleichen.

Ein langer Tag ging zu Ende, aber ich fragte mich erneut, ob das Kundenservice-Team von booking.com mit einer sinnvollen Kundenservice-Software oder einem CRM-System arbeitete. Denn im weiteren Verlauf des Abends erhielt ich drei weitere Anrufe von verschiedenen Kundendienstmitarbeitern, die drei verschiedene Themen bestätigten. Außerdem erhielt ich widersprüchliche E-Mail-Nachrichten, wie beispielsweise die folgende:

Wie können mir Servicemitarbeiter eine E-Mail schicken, in der sie sich entschuldigen, dass sie mich nicht per Telefon oder E-Mail erreichen konnten, wo wir doch ständig telefonisch und per E-Mail in Kontakt waren?
Warum schreiben sie, dass sie hoffen, dass ich eine andere Unterkunft gefunden habe, wo ich doch die alternativen Unterkünfte über die Links gebucht habe, die sie mir geschickt haben – und das auch noch über ihre eigene Buchungs-Plattform?! Und wie können sie nicht wissen, dass ich gebucht habe? Sie haben mir sogar Bestätigungs-E-Mails für die neuen Buchungen geschickt.

Zusammenfassung der größten „pain points“ meiner Nutzererfahrung

1. Ein nicht gehaltenes Versprechen

Als der Kundendienstmitarbeiter mir versprach, dass booking.com für den Fall, dass unser Gastgeber nicht auftauchen würde, über Weihnachten eine alternative Unterkunft für uns in Chamonix finden würde, hatte ich meinen Ohren nicht getraut. Wie um alles in der Welt würden sie in dieser Hauptferienzeit eine Last-Minute-Alternative finden? Aber wer sollte es besser wissen als eine Plattform wie booking.com? Sie verfügen über Erfahrungen aus erster Hand und haben alle Datenpunkte zu Verfügbarkeiten und Auslastung in ihrem eigenen System.
Die zusätzliche E-Mail-Bestätigung des telefonischen Versprechens wiegte mich in Sicherheit.

Keep it or leave it:
Bis heute kann ich nicht nachvollziehen, wie booking.com ein solches Versprechen abgeben konnte. Denn entweder müssen sie daran festhalten, egal was passiert (auch wenn die Alternative bedeutet, 55.000 Euro für ein Last-Minute-Apartment zu zahlen), oder sie geben dieses Versprechen gar nicht erst ab.

2. In der Warteschleife oder rausgeworfen

Jedes Mal, wenn ich die Hotline anrief, musste ich einige Minuten warten, um zu einem Agenten durchzukommen. Bei verschiedenen Gelegenheiten wurde ich wegen technischer Probleme von booking.com aus der Telefonleitung geworfen. In einigen Fällen haben die Agenten zurückgerufen, in anderen nicht. Dies bedeutete mindestens ein paar weitere Minuten Wartezeit, um wieder zu einem anderen Kundendienstmitarbeiter durchzukommen. Alles in allem habe ich während des Relocation-Prozesses 45 Minuten am Telefon verbracht, wovon geschätzte 80-90% reine Wartezeit waren (entweder in der Warteschlange, um zu einem Hotline-Mitarbeiter zu gelangen, oder in der Warteschleife, während diese mit ihren Vorgesetzten sprachen).

Es wäre großartig, wenn es eine eigene Hotline für all jene gibt, die in der misslichen  Lage sind, von der gebuchten Unterkunft nicht beherbergt zu werden, damit in dieser Extremsituation die Wartezeit auf ein Minimum reduziert wird. Eine Erleichterung wäre auch ein für diese Fälle dediziertes Team, das mit der nötigen Entscheidungsbefugnis für die Abwicklung alternativer Buchungen ausgestattet ist, um weitere lange Wartezeiten (z. B. um die Genehmigung des Vorgesetzten zu erhalten) vermeiden zu können. Ich gehe davon aus, dass in den meisten Fällen von Last-Minute-Alternativbuchungen ein höheres Budget erforderlich ist. Es wäre daher schön, wenn die Kundendienstmitarbeiter in der Lage sind, diese Fälle direkt und ohne Rückfragen effizient zu bearbeiten.

3. Die Situation immer und immer wieder erklären müssen

Ein großes Ärgernis in diesem halbtägigen Prozess war die Tatsache, dass die Customer-Journey nicht nahtlos über alle Interaktionen und Berührungspunkte hinweg „flutschte“. Bei jedem Anruf kamen wir zu einer anderen Person, die nicht informiert war, was andere Kundendienstmitarbeiter bereits veranlasst, erledigt oder versprochen hatten. Es schien ein Tool zu fehlen, das den gesamten Kommunikationsaustausch (E-Mails von Agenten, automatische Systembenachrichtigungen und mündliche Vereinbarungen per Telefon) dokumentiert. Entweder es war nicht verfügbar, oder es wurde kein Gebrauch davon gemacht.

4. Widersprüchliche, unklare Botschaften
Ein weiterer Frustpunkt waren widersprüchliche oder unklare Nachrichten.

Automatisierte E-Mails (zumindest nehme ich an, dass sie vom System automatisch ausgelöst wurden) passten nicht zu unserer Situation.

–> das sorgt für Verwirrung.

Der Mitarbeiter am Telefon sagt eine Sache (“Sie erhalten die zusätzlichen Kosten erstattet”), die darauffolgende E-Mail sagt etwas anderes (“wir werden unser Bestes tun, die Kosten zu erstatten”).

–> das sorgt für Misstrauen und die Angst, hinters Licht geführt zu werden.

Anstatt zu versuchen, dass sich Nutzer in dieser ohnehin unangenehmen und stressigen Situation gut verstanden und unterstützt fühlen, wecken diese widersprüchlichen Botschaften zusätzliche Angst und Misstrauen.

5. Schlechte Usability auf mobilen Geräten

Ich gehe davon aus, dass die meisten Reisenden in solchen Situationen ihr Telefon für die Kommunikation des Relocation-Prozesses verwenden. Umso frustrierender ist es dann, eine nicht für Mobiltelefone optimierte E-Mail zu erhalten …

6. Probleme bei der Zahlung

Da booking.com die für die ursprünglich gebuchte Unterkunft geleistete Zahlung nicht sofort erstattet, gleichzeitig aber verlangt, die alternative Unterkunft erst einmal selbst zu bezahlen, wird die Kreditkarte schnell mit riesigen Beträgen belastet.

Man zahlt quasi zwei Urlaube auf einmal (einen zu dem geplanten Preis und einen mit einem hohen Preisaufschlag aufgrund einer Last-Minute-Buchung), was wahrscheinlich nicht nur in unserem Fall schnell das übliche Kreditkartenlimit ausreizt.

Das Testen von Worst-Case-Szenarien zeigt, wie Sie auch in misslichen Lagen glänzen können

UX ist ein extrem wichtiger Bestandteil für die Markentreue. Idealerweise machen Ihre Kunden eine positive und unvergessliche Erfahrung, so dass sie wieder zu Ihnen zurückkehren möchten – und nicht zu Ihrer Konkurrenz.

Im besten Fall verlieben sie sich in Ihre Produkte, freuen sich über den Service, den Sie anbieten, und erzählen anderen von ihrer positiven Erfahrung.

Aber nicht alle Customer-Journeys sind magisch.

Ich weiß, dass es sehr komplex ist, Benutzertests und Nutzerrecherchen zu Worst-Case-Szenarien durchzuführen, aber es lohnt sich. Wenn Sie es schaffen, gerade dann zu glänzen, wenn etwas schief geht, können Sie eine negative Erfahrung in eine Positive verwandeln.

Denn es war nicht die Schuld von booking.com, dass der Anbieter der Unterkunft nicht aufgetaucht ist.

Was jedoch in ihrer Macht stand, war der Umgang mit dem darauffolgenden Prozess. Wie effizient, einfach und reibungslos ist der Ablauf? Welche Emotionen löst es bei Nutzern aus?

Wie können Sie sicher sein, dass Sie auf den schlimmsten Tag Ihrer Kunden vorbereitet sind?

Das Design für den schlimmsten Fall ist daher mindestens genauso wichtig wie die Gestaltung von Kernabläufen Ihres Produkts.

Aber wie kann man gut auf das Schlimmste vorbereitet sein?

Wie immer startet alles mit Nutzerforschung. Nur wer seine Kunden und den Kontext der Nutzung versteht, kann die Schwachstellen bei der UserJourney erkennen.

Hier sind einige unserer bevorzugten Methoden, um Worst-Case-Szenarien und deren UX-Schwächen zu identifizieren.

1. Versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Kunden – was wäre Ihre größte Albtraumsituation? Was könnte schief gehen, das Sie aufregen würde? Stellen Sie sich konkrete Situationen vor. Welche Emotionen erleben Sie? Welche kleinen Gesten oder Hilfestellungen würden Sie aufmuntern?
Sie können dieselbe Übung auch mit potenziellen Kunden durchführen: Sprechen Sie mit ihnen über mögliche Nutzungs-Szenarien, um ihre Ängste und Erwartungen kennenzulernen.

2. Fragen Sie Ihre zufriedenen Kunden, was ihre größte Sorge vor dem Kauf/der Buchung war.
Die Antworten werden Ihnen höchstwahrscheinlich die wichtigsten Worst-Cases liefern, die Sie sich ansehen sollten.

3. Lernen Sie von den unzufriedenen Kunden, bei denen nicht alles reibungslos geklappt hat.
Warum sind sie in diese Situation geraten? In welchem ​​Kontext und in welchem ​​Umfeld befanden sie sich, als sie sich damit auseinandersetzen mussten? Was störte sie am meisten an dieser Erfahrung?
Stellen Sie sicher, dass Sie den Kunden auch genügend Zeit geben, um dieses Feedback zu geben. Ich z.B. wollte vor Abgabe meines Feedbacks auf meine Rückerstattung warten. Als ich das Geld hatte und auf den Link klickte, wurde ich jedoch zu einer Seite weitergeleitet, die mir mitteilte, dass die Umfrage abgelaufen sei.

 

4. Führen Sie User-Tests von Worst-CaseSzenarien durch.
Das wichtigste hierbei ist, Testteilnehmer zu finden, für die das Worst-Case-Szenario relevant ist. In unserem speziellen Fall könnte eine Lösung sein, aktuelle Kunden als Testteilnehmer anzuwerben – beispielsweise Personen, die in den nächsten Tagen eine Unterkunft für eine Reise gebucht haben. Wenn Sie mit ihnen einen Nutzertest durchführen, bei dem simuliert wird, dass die reservierte Unterkunft plötzlich nicht mehr zur Verfügung steht, erhalten Sie bestimmt viel bessere, realistischere Reaktionen und Rückmeldungen als von einem zufällig ausgewählten Nutzertestteilnehmer, der sich nicht wirklich in die Situation hineinversetzten kann.

5. Führen Sie ein sogenanntes „Premortem“ durch.
Anstatt zu fragen, was schief gehen könnte, geht ein Premortem von der Annahme aus, dass der „Patient“ bereits gestorben ist, also dass es bereits schief ging. Das Team muss nun plausible Gründe finden, warum das Projekt gescheitert ist. Mit diesem Teamansatz können potenzielle Probleme frühzeitig erkannt werden.

6. Befragen Sie Ihre Kundenbetreuer und lernen Sie aus den Anrufen Ihrer Kunden.
Nutzen Sie das Wissen Ihres Kundenservice-Teams. Ihre Kundenbetreuer sind diejenigen, die sich mit den schlimmsten Fällen befassen. Sie wissen, welche Themen immer wieder auftauchen und welche Interaktionen problematisch sind. Sie haben in der Regel auch ein gutes Gefühl dafür, welche Lösungen von den Kunden am besten angenommen werden und welche Teile der User Journey tendenziell zu mehr Ärger führen.

Dinge können schief gehen. Aus diesem Grund ist es nicht sinnvoll, sich bei der Gestaltung Ihrer Angebote und Services nur auf das ideale Kundenerlebnis zu fokussieren. Nicht alle Nutzer haben immer einen perfekten Tag. Denken Sie an Ihre frustriertesten und am meisten verärgerten Kunden und nutzen Sie die Gelegenheit, um ihre schlechte Situation ein wenig zu verbessern.

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