7 Tipps, wie Start-ups schon mit geringem Traffic User-Research betreiben können
5. August 2015
Die neue Website ist gerade live gegangen, die ersten Marketingaktivitäten zeigen ihre Wirkung und immer mehr Bestellungen kommen herein.
“Jetzt gleich zu verstehen, was in den Köpfen unserer Besucher vorgeht, wäre super… aber dafür haben wir noch zu wenig Traffic.”
Viele Start-ups glauben fälschlicherweise, dass ihre Besucherzahlen User-Research und eine Optimierung der Website kurz nach dem Launch nicht zulassen.
Deswegen stellen wir heute ein paar unserer Lieblingstools für Website-Analysen und Nutzerforschung vor, die auch schon bei geringem Traffic gut funktionieren (inkl. Video mit Erfahrungsbericht dazu von einem Start-up).
Tipp 1: Eine Handvoll User-Tests machen
User-Tests sind komplett unabhängig von den Besucherzahlen. Sie können damit sogar Prototypen und Seiten, die noch nicht live sind, testen. Zweck dieser Studien ist die Untersuchhung der typischen Usability-Probleme, die bei der Nutzung der Seite auftreten.
Wie das funktioniert? Es gibt 2 Möglichkeiten:
Die einfachste Variante: Man verwendet eine User-Testing-Plattform, wie z.B. usertesting.com (für den englischsprachigen Raum) oder rapidusertests.com (für den deutschsprachigen Raum).
Sie stellen eine konkrete Aufgabe (z.B. ein spezielles Produkt auf einer Seite zu suchen, auszuwählen und zu kaufen) – und wenige Stunden später erhalten Sie ein Video mit „echten“ Nutzern, die ihre Gedanken laut aussprechen während sie die gestellte Aufgabe erledigen. Man kann ihnen dabei zusehen, wie sie sich auf der Seite bewegen und hört gleichzeitig, was ihnen dabei durch den Kopf geht (man nennt das auch Think-Aloud-Protokoll).
Eine günstigere Alternative: User-Testing mit selbst rekrutierten Testern organisieren, selber moderieren und die Sessions dabei aufzeichnen.
Auch hier stellen Sie den Testern eine konkrete Aufgabe, nützen Skype um die Test-Session zu moderieren und Screensharing (bei Tests am Desktop) oder die Webcam des Testers (bei Tests auf mobilen Geräten), um den Tester bei der Erledigung der Aufgabe zu beobachten. Gleichzeitig können Sie den Test auf Ihrer Seite, auf Ihrem Bildschirm aufzeichnen, z.B. mit Sceenflow oder Camtasia.
Tipp 2: Shoppen, shoppen, shoppen…
Klingt naheliegend, wird aber verblüffend oft nicht gemacht. Werden Sie selbst zum Kunden und kaufen Sie bei Ihren Mitbewerbern. Vergleichen Sie die komplette Einkaufserfahrung, vom ersten Kontakt mit der Website, über Nachfragen via Chat oder bei der telefonischen Servicehotline bis zu dem Moment, wo Sie das Paket in Händen halten. Was ist in dem Paket beigelegt? Welche Marketingaktivitäten folgen nach einem getätigten Kauf?
Tipp 3: Session Replays analysieren
Mit Tools wie SessionCam, Decibel Insight oder Hotjar können Sie Videoclips von Besuchen auf Ihrer Webseite oder mobilen Seite analysieren. Sie sehen, wie Besucher die Maus bewegen, wohin sie klicken, “scrollen” oder “swipen” und welche Seiten oder Elemente für sie besonders spannend oder irritierend sind. Zusätzlich helfen Trichter- und Formularanalysen wertvolle Einblicke über Abbruchstellen zu gewinnen.
Es nimmt ein wenig Zeit in Anspruch sich einige dieser Sessions anzusehen, aber der Aufwand ist es definitiv wert: Wir haben bisher immer interessante „Aha-Erlebnisse“ gehabt, die eine hilfreiche Basis für die Optimierung der Seite waren.
Tipp 4: Hotspots mit Heatmaps aufdecken
Analyse-Tools wie CrazyEgg oder Hotjar erlauben auch bei geringem Traffic bereits gezielte Einblicke ins Nutzerverhalten. Heatmaps zeigen grafisch einfach aufbereitet, was Besucher machen, indem sie die Klicks farblich visualisieren. So sieht man schnell, wo die gefragten Stellen auf Ihrer Seite sind oder wie weit gescrollt wird.
Tipp 5: Klickpfade visuell erfassen und auswerten
Ein anderes Tool, das wir gerne verwenden um Interaktionen visuell zu erfassen, ist Usabilla: Das besondere an diesem Feedback-Tool ist, dass man abgesehen von Heatmaps auch Klick-Pfade, Bearbeitungszeiten und Notizen von Testern bekommen kann. Zur Nutzung dieses Tools ist absolut kein Traffic nötig, da man hier nicht mit Besuchern, sondern mit Testern arbeitet, die man selber rekrutiert.
Tipp 6: Das Mikro in die Hand nehmen
Offline-Interviews sind wesentlich aufwendiger als Online-Surveys – keine Frage. Aber sie bieten eine super Ergänzung zur Online-Variante (oder Ersatz, wenn der anfängliche Traffic noch nicht groß genug ist, um genügend Feedback über die Website zu bekommen).
Hier ein Beispiel von Offline-Interviews für das Start-up Simplewish (eine Plattform, die es erleichtert Gruppengeschenke zu machen – also ein gemeinsames Geschenk auszuwählen und die Kosten dafür zu teilen):
In diesem Fall haben wir bei den Offline-Interviews 3 Schwerpunkte gelegt.
Zuerst haben wir generelle Fragen zum Thema gestellt, in unserem Fall alles rund ums „Schenken“ um mehr über die Thematik und das „Mindset“ von potentiellen Kunden herauszufinden.
In einem zweiten Schritt haben wir dann konkrete Fragen zur Plattform gestellt, um herauszufinden, ob sie bereits bekannt ist oder genutzt wurde.
Und zu guter Letzt wurden die Testpersonen dann gebeten, auf die Seite zu gehen und ein Gruppengeschenk anzulegen. Die Testpersonen sprachen dabei laut die Gedanken aus, die ihnen dabei durch den Kopf gingen. Nach Fertigstellung der Aufgabe wurden ihnen abschließend ein paar offene Fragen gestellt, unter anderen z.B.:
- Was war deine größte Sorge, bevor du das Gruppengeschenk angelegt hast? Und wie hätten wir dir diese Sorge nehmen können?
- Was für andere Services und Produkte sollten wir noch anbieten?
- Was würde dich überzeugen, selbst bei Simplewish ein Gruppengeschenk zu organisieren/starten?
- Wie würdest du Simplewish und unser Service Freunden beschreiben?
Wer uns ein wenig kennt, weiß von unserer Leidenschaft für offenen Fragen. Wir könnten allein darüber einen ganzen Blogartikel schreiben. Um es hier kurz zu halten: Die zugegebenermaßen extrem mühsame Auswertung von offenen Fragen ist es allemal wert, denn man sieht dadurch genau, was in den Köpfen der Befragten vor sich geht, mit welchen Worte sie Sorgen und Bedürfnisse beschreiben und was für Einwände sie beschäftigen. Das wäre mit einfachen, schnell auszuwertenden Multiple-Choice-Fragen nicht möglich.
Tipp 7: Eine Umfrage auf Facebook starten
Das ist unsere Geheimwaffe.
Wir haben in letzter Zeit festgestellt, dass viele Start-ups eine sehr lebendige Facebook-Seite mit vielen Fans haben – oft spielt sich dort mehr Aktivität ab als auf der eigenen Webseite. Diese Tatsache nutzen wir aus und verwenden die Fanbase als wertvolle Quelle für Nutzerforschung. Die meisten Fans sind keine Kunden, haben aber bereits ein gewisses Interesse an dem Unternehmen gezeigt – sie eignen sich daher hervorragend, um mehr über potentielle Kunden herauszufinden.
Wie wir das machen? In diesem Blogpost beschreiben wir im Detail, wie wir Nutzerforschung auf Facebook-Seiten betreiben.
Erfahrungsbericht von Simplewish über diese User-Research-Methoden aus Sicht eines Start-ups
In diesem 60-sekündigen Video sehen Sie, welche Erfahrungen der Mitgründer und CTO von Simplewish, Christoph Bitzner, und Adrian Zettl, CMO, mit diesen Nutzerforschungsmethoden gemacht haben, und wie die Zusammenarbeit mit mindberry abgelaufen ist.
PS: Melden Sie sich am besten gleich für unseren Newsletter an und bekommen Sie so noch mehr Case Studies, Erfahrungsberichte und gratis Tipps.